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Schneeflockenkunde

Die letzte Woche waren wir mit gutem Wetter wohlversorgt. Die kommende Woche, nach vorübergehenden tiefwinterlichen Verhältnissen am heutigen Sonntag, sollte das übrigens auch so sein. Die letzte Jännerwoche hingegen war immer wieder von Schneefällen geprägt. So gerne wir den Schnee auch sehen, sind das dann aber die Tage, an denen wir uns im Seilbahnunternehmen der Kritik unserer Gäste bezüglich mangelnder Pistenqualität aussetzen müssen. Das hört sich dann so an, wie: „Ich muss meinen großen Ärger und Unmut über die katastrophalen Pistenzustände letzte Woche in Großarl kundtun und möchte gerne eine Stellungnahme von Ihnen, was bei der Präparierung schief gelaufen ist?“. Oder so: „Die Piste präsentierte sich morgens und den ganzen Tag über als „Mondlandschaft“! Oder so: „Ihr spart immer mehr, ich hab den ganzen Tag keine Pistenkatze gesehen!“ Aber: bei Schneefall sind wir physikalischen Naturprozessen ausgeliefert, die durch uns und durch unsere Technik unbeeinflussbar sind. Auch allen anderen Skigebieten auf dieser Welt geht’s hier gleich. Und: es ist wahrscheinlich noch keinem von uns gelungen, der breiten Masse unserer Gäste zu erklären warum bei Schneefall in der Nacht die Pistenqualität des nächsten Tages einfach keinem Idealbild entsprechen kann.

Aber wir versuchen es hier einmal. Der Einfachheithalber hab ich mir Ergebnisse und Texte teilweise, sagen wir mal ausgeliehen, was gescheite Leute schon ausführlich untersucht und in feinen Formulierungen niedergeschrieben haben (Quelle: „Pistenpräparation und Pistenpflege – Das Handbuch für den Praktiker“ von Mathieu Fauve, Hansueli Rhyner und Martin Schneebeli; Danke insbesondere auch an unseren Partner www.planai.at)

Perfekte Piste im Großarltal

Perfekte Piste im Großarltal

Die meisten Schneesportler bevorzugen eine homogene Piste mit möglichst wenig Schäden und Überraschungen wie Löcher oder Ansammlungen von weichem Schnee. Damit eine Piste den Eigenschaften der modernen Skis und Snowboards gerecht wird, muss der Schnee möglichst hart, jedoch nie eisig sein. Eisige Pisten werden nur im Rennsport auf hohem Niveau geduldet oder gar gewünscht.

Wie entsteht eine gute Schneesportpiste?
Zwei unterschiedliche Prozesse sind dafür verantwortlich, dass Schnee hart oder fest wird: der Gefrier- und der Sinterprozess. Der wahrscheinlich bekanntere Vorgang ist das Gefrieren: Wenn sich Schnee auf Null Grad Celsius erwärmt (z.B. durch Sonne oder Regen), fängt er an zu schmelzen. Kühlt sich das Schnee-Wassergemisch wieder ab, gefriert das Wasser und wird zu Eis. Je nach Menge des vorhandenen Wassers wird die Piste dadurch hart bis eisig. Diesen Gefrierprozess machen sich die Organisatoren von Weltcuprennen oft zu Nutze: Einige Tage vor dem Rennen tränken sie den Schnee mit Wasser. Liegen die Temperaturen unter Null Grad, gefriert das Wasser zu Eis, und die Piste erreicht die gewünschte Festigkeit. Für Nichtrennfahrer sind diese Pisten aber schwierig zu bewältigen. Bei der Präparation der Pisten für den Breitensport ist darum nicht der Gefrierprozess (ausgenommen im Frühling), sondern der Sinterprozess entscheidend.

Schnee als Sintermaterial
Auch ohne Gefrieren kann Schnee fest werden. Bei trockenem Schnee (unter Null Grad) wachsen seine Körner an ihren Kontaktstellen zusammen. Diesen Vorgang nennt man “Sintern“. Er findet im Schnee immer statt, wird jedoch von einigen Einflussfaktoren mitbestimmt. Die Hauptrolle spielt dabei die Temperatur des Schnees: Je näher sie bei Null Grad liegt, desto besser wachsen die Schneekörner zusammen, desto schneller sintert der Schnee. Zusätzlich beeinflussen Form, Größe und Größenverteilung der Körner den Sinterprozess. Für eine gute Sinterung sind mittlere bis kleinere, runde Körner in verschiedenen Grössen bis hin zum Staubkorn ideal. Die dadurch zahlreich vorhandenen Kontaktpunkte ermöglichen es den Körnern, an verschiedenen Orten zusammenzuwachsen – so erreicht der Schnee eine höhere Festigkeit. Dieser Prozess braucht jedoch Zeit. Damit eine Piste den Ansprüchen der Schneesportler mindestens einen Tag lang standhält, benötigt der Pistenschnee rund acht Stunden Sinterzeit. Diese Sinterzeit ist nach jeder Präparierungs- oder Pflegearbeit notwendig.

Was ist die Aufgabe der Pistenmaschine?
Wer schon einem Pistenfahrzeug hinterher gefahren ist, weiß, dass die Piste dort meistens weicher ist als vor dem Fahrzeug. Die Aufgabe der Pistenfahrzeuge ist nicht den Schnee zu härten, sondern ihn so vorzubereiten, dass er möglichst rasch und gut sintern kann. Das Räumschild des Fahrzeugs ebnet aus und bringt den von den Schneesportlern verschobenen Schnee wieder zurück. Die Raupen haben einen gewissen Verdichtungseffekt, die wichtigste Aufgabe jedoch hat die Fräse hinten am Fahrzeug. Durch das schnelle Drehen verkleinert die Fräse die Schneekörner, und es entsteht die für die optimale Sinterung gewünschte Korngrößenverteilung.

Wann soll die Piste präpariert werden?
Um den richtigen Zeitpunkt für die Pistenpräparation zu finden, sind folgende Fragen zu beantworten:
– Ist der Schnee trocken (im Hochwinter fast immer) oder ist er nass (vor allem im Frühling)?
– Kühlt sich der Schnee in den nächsten Stunden ab oder erwärmt er sich?
– Gibt es in den nächsten Stunden Niederschlag und wenn ja, wie viel?

Präparation von trockenem Schnee (unter Null Grad)
Da Schnee mindestens acht Stunden Sinterzeit braucht, ist der richtige Zeitpunkt für die Präparation am Vorabend. Der genaue Zeitpunkt hängt von der Dauer der Präparationsarbeiten und vom Temperaturverlauf ab. Bei klarem Himmel kühlt sich der Schnee über Nacht ab. Somit muss die Piste möglichst früh nach Pistenschluss präpariert werden.
Bei bewölktem Himmel hingegen erwärmt sich die Schneeoberfläche und es kann, solange die Sinterzeit von acht Stunden eingehalten wird, durchaus Sinn machen, mit den Präparationsarbeiten zuzuwarten und die Erwärmung des Schnees abzuwarten, denn Schnee mit höheren Temperaturen lässt sich besser bearbeiten als kalter Schnee.

Präparation bei Niederschlag
Die oben ausgeführten Prozesse zeigen, dass eine feste, tragfähige Piste nur entsteht, wenn dem Schnee eine gewisse Zeit zum Sintern gewährt wird. Wird die Piste am Abend präpariert und fällt in der Nacht oder am Morgen danach etwas Neuschnee, kann der Pistenbetreiber nur zwischen zwei Möglichkeiten wählen, die beide unbefriedigend sind: Entweder er lässt die Fahrzeuge in der Garage – dann werden sich die Gäste beschweren, weil die Pisten optisch nicht präpariert sind. Oder er bearbeitet den Neuschnee am Morgen. So kann die Piste mangels Sinterzeit gar nicht fest werden und die Anforderungen der Skifahrer und Snowboarder kaum einen halben Tag erfüllen. Die Pistenpräparation bei Niederschlag bleibt also bis auf Weiteres eine unlösbare Herausforderung.

Warum wird bei Schneefall nicht untertags auch präpariert?
Theoretische Alternative wäre bei untertägigem Schneefall auch ein Pistengeräteeinsatz während des Skibetriebes. Aus gewichtigen rechtlichen Erwägungen ist das jedoch aus dem Umstand der Unfallgefahr und der daraus möglichen Konsequenzen problematisch. Für die Präparierung werden im Großarltal die Pistengeräte während des Skibetriebes deshalb nur dann eingesetzt, wenn der Schneefall so massiv ist, dass die Skisportausübung ohne Präparierung nur mehr schwer möglich wäre. Hier wird ein hoher Sorgfaltsmaßstab angelegt, die untertägige Präparierung würde aber auch nicht viel ändern, weil der Erfolg so einer Maßnahme mangels Sinterzeit des Schnees ziemlich kurzfristig ist – eine Stunde später schaut die Piste wieder ungepflegt wie vorher aus.

So ist das mit der Schneeflockenkunde. Die Fakten noch einmal auf den Punkt gebracht. Unser Pistengeräteteam rückt am Abend, also unmittelbar nach Betriebsschluss, aus, um jeden Tag jede Piste zu präparieren und Topqualität für den nächsten Skitag zu gewährleisten. Schneit es aber in der Nacht, muss ab 5.00 Uhr früh die Pistenpflege wiederholt werden. Allerdings kraft unbeeinflussbarer physikalischer Prinzipien mit nur eingeschränktem Erfolg. Eine als unzureichend wahrgenommene Pistenqualität liegt dann weder an unserem Willen und meist auch nicht an unserem Können. Sondern, es ist halt so: die Natur bleibt Chefin.

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